Zeugnissprache - Grundsätzliches

Arbeitszeugnisse schreiben und entschlüsseln

Stil

Die Erfahrung zeigt: Im Lauf der Zeit hat sich ein weitgehend verallgemeiner- und damit standardisierbarer Sprachcode herausgebildet. Fest steht aber auch: Unternehmen haben sehr wohl ihren eigenen Zeugnisstil entwickelt. Das macht das Abfassen, aber auch das Bewerten eines Zeugnisses zu einer immer noch subjektiven Angelegenheit.

Kritik / Wohlwollen

Für fast alle Formulierungen gilt der Grundsatz: Sie klingen wohlmeindender, als sie gemeint sind. Um Rechtsstreitigkeiten auf beiden Seiten (des Beurteilenden und des Beurteilten) zu vermeiden, ist es daher besonders wichtig, die "gängigen" Formulierungen und ihre Bedeutungen zu kennen. Allein schon deshalb, um zwischen objektivierter Bewertung und subjektivem Urteil zu unterscheiden.

Verschlüsselung

Es sind vor allem negative Ereignisse oder Eigenschaften eines Mitarbeiters, die im Zeugnis verschlüsselt werden. Ausgezeichnete Mitarbeiter hingegen lobt man am besten auch mit eigenen Worten, als nur mit den gängigen Bewertungsformeln. Aber Vorsicht auch hier: Überschwang kann auch das Gegenteil von dem bewirken, was ihr Verfasser beabsichtigt hatte.

Nüchtern oder emotional

Der Hauptgrund solcher widersprüchlicher Interpretationen liegt in eben dem je betriebseigenen Stil. Generell lässt sich sagen: Größere Betriebe pflegen eine eher nüchterne und zurückhaltende Zeugnissprache, während in Kleinbetrieben Zeugnisse oft härter und emotional geladener formuliert werden. Vielen Personalchefs ist daher die Adresse des Zeugnisausstellers ein erstes Indiz für die Beurteilung eines Zeugnisses.

Irreführung und beredtes Schweigen

Die Zeugnissprache nicht beherrschende Arbeitgeber und Arbeitnehmer können dagegen leicht in die Irre geführt werden, schenken sie einem anerkennend und wohlwollend klingenden Zeugnis Glauben. Überliest man versteckte Hinweise auf Mängel, hat ein Arbeitgeber den Schaden, wenn er diesen Mitarbeiter einstellt.

Umgekehrt wird eine Bewerberin sich wundern, auf eine Stelle laufend Absagen zu erhalten. Generell gilt: Gute Zeugnisse zeichnen sich durch nachdrücklich (nicht: übertrieben) positive Wortwahl aus. Verzicht auf Adjektive, die den wohlwollenden Grundton verstärken, gar Weglassen von Aussagen über erwartete Leistungen oder Verhaltensweisen entwerten ein Zeugnis bis hin zu ungenügender Gesamteinschätzung.

Codierte Kritik

Lassen sich diese Techniken im Allgemeinen noch durchschauen, gibt es darüber hinaus ganz bestimmte feststehende Formulierungen, deren Bedeutung man schlichtweg wissen muss. Das betrifft insbesondere Aussagen wie "Für die Belange der Belegschaft bewies er stets Einfühlungsvermögen" = flirtete heftig und war stets auf der Suche nach Sexualkontakten. Solche Formulierungen erklären sich durch die Rechtslage: Sie betreffen ausschließlich Aussagen zu Themen, die im Zeugnis nichts zu suchen haben, weil sie unzulässig sind.

Quelle: JOBworld