Der Oscarland-Express - Steven Spielberg

Bewerbungsstrategie

Zur Legende geworden

"Schau mir in die Augen, Kleines!" - dieser wohl unvergesslichste Spruch der Filmgeschichte ist untrennbar verknüpft mit einem Namen: Humphrey Bogart. In der Rolle des Rick wirft er diesen Satz seiner Exfreundin zu, mit der er nach Jahren wieder zusammentrifft: Ilsa.

Ort der Begegnung: sein "Rick's Café Americain", in welchem Ilsa ihrerseits den Mann am Klavier auf ebenso legendäre Weise zum Aufspielen animiert: Mit dem unvergessenen Satz "Spiel's noch einmal, Sam", um dann auf unnachahmliche Weise, für Rick ganz persönlich, zu singen: "You must remember this ...".
Dieses "As Time Goes by" wurde in der Folge einer der meistadaptierten Songs der populären Musik - und wer denkt beim Lauschen welcher Version auch immer nicht gleich an "Casablanca", Ilsa und ihre unvergleichliche Darstellerin: Ingrid Bergman.

Aber wer kennt den Regisseur? Michael Curtiz, um seinen Namen zu nennen, gehört noch zu denjenigen Regisseuren, die ihren Namen bewusst hinter ihren Filmen und deren Darstellern zurückhielten.

Eine tief greifende Veränderung

Oskar Schindler, Mitglied der NSDAP, Frauenheld und Kriegsgewinner, war ein Unternehmer, der das Leben von mehr als 1100 Juden während des Holocaust rettete, indem er sie in seiner Fabrik beschäftigte. Als er im Jahr 1939 den Truppen der Wehrmacht ins besetzte Polen folgt, um in Krakau eine beschlagnahmte Emaillewarenfabrik zu übernehmen, lassen ihn seine glänzenden Beziehungen zu Militär-Obrigkeit und Schwarzmarkthändlern schnell zu einem einflussreichen Mann werden. Es gelingt ihm, zunächst aus bloßem Profitdenken, dann aus Menschlichkeit, Juden als billige Arbeitskräfte für seinen florierenden Betrieb freizukaufen und sie so vor den Grausamkeiten der Nazis (und damit vor dem sicheren Tod) zu bewahren.

Diese Geschichte erzählt der 1993 in schwarz-weiß gedrehte gleichnamige Film aus dem Jahre 1993. Er war vom Start weg so erfolgreich, dass sein Regisseur noch im gleichen Jahr für den Oscar nominiert wurde - für die beste Regie. Und eben an diesen Regisseur denkt man sofort, wenn der Name Oskar Schindler fällt: Steven Spielberg. Aber wer kennt Liam Neeson?

Der Darsteller des Oskar Schindler, um das Rätsel aufzulösen, gehört zu der Generation von Schauspielern, die bewusst hinter dem "Projekt" Film zurücktreten, um ganz Werkzeug des "Projektleiters" zu sein.

Der Regisseur als Firma

Film als ein komplexes Industrieunternehmen der Unterhaltungsbranche - auf diesen einfachen - und erfolgreichen - Nenner lässt sich die Philosophie Spielbergs bringen. Dabei weist sein Erfolgsweg in Vielem Ähnlichkeiten mit dem von Bill Gates auf. Angefangen hat er als "Kameramann" der Campingurlaube mit seinen Eltern, wo er aus harmlosen Angelausflügen kunstvolle dramatische Szenen schuf. Aus diesen wurde sein erster Film "Firelight" (1964); Produktionskosten: 400 Dollar, Einnahmen: 500 Dollar bei der Vorführung in einem Lokalkino.

Der Weg an die Filmschule der Cal State University war da nur logisch - und wie Bill Gates brach er die gerade begonnene Ausbildung ab; zwar nicht, um ein eigenes Unternehmen zu gründen, aber um als viel versprechender Jungfilmer ein Engagement bei Universal anzunehmen.
Sein erster Kinofilm (zugleich sein letzter Flop) war "The Sugarland Express" (1974), was aber nichtsdestoweniger sein eigenes Selbstbewusstsein stärkte, wie es das Vertrauen der Produzenten in den damals 27-jährigen vermehrte. Er dankte es ihnen (und sich selbst) mit "Jaws" (Der weiße Hai, 1975), mit dem er mehr als 250 Millionen Dollar einspielte.

Der Rest ist Geschichte: Ob "Unheimliche Begegnung der dritten Art (1977)", ET - Der Außerirdische" (1982), "Die Farbe Lila" (1985) oder "Feivel der Mauswanderer im Wilden Westen" (1991), um nur einige zu nennen - sie waren allesamt Kassenschlager, und die meisten sicherten ihm noch im gleichen Jahr Oscar-Nominierungen. Für die beste Regie - für was sonst.

Kapitalbewertung

Ausbildung und Wissensbasis: Den Ausbildungsabbruch hat Spielberg durch sein Wesen als typischer "Self-made man" mehr als kompensiert: Durch konsequentes wie zielgerichtetes "Learning by doing" baut er die Grundlagen seiner Arbeit kontinuierlich aus - und in einem atemberaubenden Ausmaß und Tempo.
"Soft-skills": Dabei tragen nicht zuletzt seine Visionskraft, Imaginationsfähigkeit und Risikobereitschaft entscheidend zum Erfolg seines Unternehmens bei.
Innovationsorientierung: Spielberg greift Weiterentwicklungen der Filmindustrie nicht nur allseitig und schöpferisch aus, sondern schafft durch seinen unbändigen Forschungs- und Tatendrang selbst Innovationen in seiner Branche.
Arbeitsweise/-technik: Wie für jedes andere moderne Unternehmen auch, steht für Spielberg eine konsequent am "Projekt" orientierte Teamarbeit im Vordergrund. Auf diese Weise ist er in der Lage, in technische und wirtschaftliche Dimensionen vorzustoßen, die vorher für undenkbar gehalten wurden.

Fazit: Selber Legenden schaffen

So geht denn die Wirkung der meisten Spielberg-Filme, anders als bei "Casablanca", nicht in erster Linie von der Schauspielerischen Einzelleistung aus (was nicht heißt, dass die Leistung der Schauspieler wirkungslos ist). Vielmehr bleibt bei seinen Filmen die Geschichte selbst, ihre Atmosphäre, ihre Dramaturgie, ihre Erzählweise und Authentizität in Erinnerung (was nicht heißt, das "Casablanca" diese Eigenschaften nicht auch besäße; aber eben: nur "auch").

Wie das funktioniert, das sei (um den Bogen, den wir gespannt haben, abzurunden) wiederum am Beispiel von "Schindlers Liste" kurz beschrieben: Gedreht wurde an Originalschauplätzen in Krakau, wobei als glückliche Fügung zu bezeichnen ist, dass sowohl die die Stadt selbst wie auch Schindlers alte Fabrik und seine elegante krakauer Wohnung vom Zweiten Weltkrieg nahezu unzerstört geblieben sind - alles sieht heute noch beinahe so aus wie vor gut 60 Jahren. Um die Authentizität noch zu steigern, wurden 40 Prozent des Films mit Handkameras gedreht.

Dieses Prinzip führte er in "Der Soldat James Ryan" (1998) ästhetisch zur Perfektion. Und dieser Film spielte ihm, nach gut zehn Nominierungen seit 1977, schließlich den längst verdienten Oscar ein - für (muss man es betonen?) die beste Regie.

Quelle: JOBworld